Der CDA-Landesvorstand hat sich auf seiner Gesamtmitgliederversammlung am 18. 10. 2003 in Magdeburg klar zu sozialen Fragen geäußert. Hier die gesamte Entschließung. So heißt es u.a.

Vor wenigen Tagen fanden in Magdeburg die zentralen Feiern Deutschlands zum Tag der 13 Deutschen Einheit statt. Es ist ein beeindruckender Weg aus der sozialistischen Diktatur heraus über die Montagsdemonstrationen hin zur Wiedervereinigung und dem Aufbau der neuen Bundesländer zurückgelegt worden. Diese Erkenntnis und der Dank für vielfältige Hilfe aus den alten Bundesländern müssen allen Forderungen nach weiterer Aufbauhilfe vorangestellt sein. Denn auch nach 13 Jahren der deutschen Einheit ist uns die wirtschaftliche Angleichung an die alten Bundesländer noch nicht gelungen. Die Unterschiede zwischen den Ländern sind noch sehr groß. Wir benötigen die gesetzlich vereinbarten Hilfen des Solidarpaktes II. Jede Diskussion über einen „Leistungsföderalismus“  in Deutschland oder über einen Abbau von Subventionen muss berücksichtigen, dass die neuen Länder für den Zeitraum des Solidarpaktes II weiterhin verlässliche materielle Transferleistungen auf dem vereinbarten Niveau dringend benötigen. Nur so wird es uns gelingen, die eigenen Kräfte so zu entwickeln, dass Sachsen-Anhalt ein leistungsfähiges, einmal sich selbst tragendes Bundesland im vereinigten Deutschland wird.


Kein Umbau des Sozialstaats einseitig zu Lasten von Arbeitnehmern 
Der Patient Sozialstaat droht zu kollabieren. Es vergeht kein Tag, an dem nicht eine neue Hiobsbotschaft dem deutschen Gesundheits-, Renten- und Arbeitmarktsystem den Totenschein ausstellt. Unermüdlich doktert die rot-grüne Bundesregierung mit Konzepten und in Kommissionen am Sozialsystem herum. Das Prinzip der Sozialstaatlichkeit verpflichtet zur ausgewogenen und gerechten Sozialpolitik – einer größeren Gleichheit der  Lebenschancen bei Einkommen, Gesundheit, Bildung oder Wohnen. Der Sozialstaat muss sich gerade dann bewähren, wenn wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht nur die öffentlichen Haushalte belasten, sondern ganze Bevölkerungsgruppen an den Rand des gesellschaftlichen Lebens drängen. Zwischen all dem steht der Mensch in seinen vielfältigen sozialen Beziehungen – als Arbeitnehmer, als Versicherter, als Patient, als Leistungsbezieher, als Steuerzahler und Familienmensch. 

Reformen sind notwendig und unumgänglich. Mehr Eigenverantwortung, mehr Selbstbeteiligung und –vorsorge werden vom Bürger verlangt. Dieser Prozess ist nicht einfach. Er ist geradezu schmerzlich. Gerade deswegen kommt es darauf an, den Sozialstaat wirtschaftlich leistungsfähig, gerecht und fit für das 21. Jahrhundert zu gestalten. Zentrale Kernfrage ist: Was darf dem Einzelnen zum Wohl der Allgemeinheit abverlangt werden? Oder anders formuliert: Wie weit ist es zulässig, Lebensrisiken für den Einzelnen ganz in den privaten Bereich zu drängen und einseitig dem Arbeitnehmer die Last des Umbaus des Sozialstaats aufzubürden? Allen Gruppen der Bevölkerung werden Veränderungen zugemutet werden müssen. Wer jedoch Opferbereitschaft und Verzicht nur für die Arbeitnehmer fordert, lässt Augenmaß und Gefühl für soziale Gerechtigkeit vermissen.

An die Stelle des Wohlfahrts- und Versorgungsstaats soll der aktivierende Sozialstaat treten, der den Rahmen bereitstellt, in dem der Einzelne oder die Solidargemeinschaft ihrer eigenen 55 Verantwortung gerecht werden. Dem ist zu widersprechen, wenn die Aktivierung von sozialen Ressourcen in der Gesellschaft als Privatisierung sozialer Lebensrisiken verstanden und die Stärkung der Eigenverantwortung als willkommene Möglichkeit zur Lastenverschiebung von oben nach unten gesehen wird. Daher sind Reformen, die ausschließlich Sozialkürzungen vorsehen und einseitig den Arbeitnehmer belasten, abzulehnen. Die CDA tritt für ein besseres und ausgewogenes Verhältnis zwischen sozialem Schutz und Förderung der Eigenverantwortung ein. Der Einzelne soll kleinere, überschaubare Risiken selbst tragen, große Risiken werden solidarisch abgesichert. Langfristig können die staatlichen Systeme für ihre notwendigen Aufgaben nicht mehr Mittel verbrauchen als im wirtschaftlichen Prozess erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden können. (...)