In
ihrer Kabinettssitzung am 25. März 2003 hat die Landesregierung die „Hochwasserschutzkonzeption
Sachsen-Anhalt“ beschlossen. Darin enthalten sind notwendige Maßnahmen zum
verbesserten Hochwasserschutz unter Einschluss eines Finanzierungsplanes bis
2010. Ziel ist es, so Ministerin Wernicke, in den kommenden 8 Jahren einen
„Hochwasserschutz auf höchstem Niveau“ zu etablieren.
Sowohl
natürliche als auch durch den Menschen bestimmte Einflussfaktoren werden von
dem Drei-Säulen-Konzept der Ministerin erfasst:
1- Durch die Sicherung natürlicher Überschwemmungsflächen sowie durch Deichrückverlegungen sollen die Pegelspitzen abgesenkt werden.
2- Schutzeinrichtungen wie Deiche, Rückhaltebecken und Flutpolder werden saniert oder neu errichtet.
3-
Die aktive Hochwasservorsorge durch Meldedienste, Baueinschränkungen und
Wasserwehren wird umfassend intensiviert.
Den Deichen kommt zentrale Bedeutung zu
Die
Hälfte aller Elbdeiche befinden sich in Sachsen-Anhalt, jedoch nur fünf
Prozent entsprechen der DIN-Norm. Daher gilt die Herstellung DIN-gerechter
Deiche als Kernstück eines dauerhaften Hochwasserschutzes. Hinzu kommen muss
die Ausweisung natürlicher Überschwemmungsgebiete, der Bau von Flutpoldern und
Hochwasserrückhaltebecken sowie die Rückverlegung von Deichen. Als Element
der aktiven Hochwasservorsorge soll jede Kommune eine Wasserwehr errichten,
die vom Land aus- und fortgebildet wird.
Diese
Maßnahmen werden nicht allein aus Landesmitteln zu finanzieren sein. Im Rahmen
der Gemeinschaftsaufgabe Küstenschutz wird der Bund seinen Beitrag leisten müssen,
damit das ambitionierte Programm vollständig umgesetzt werden kann. Insgesamt
werden bis 2010 ca. 310 Mio. Euro benötigt. Zu hoffen ist, dass sich der Bund
im Binnenhochwasserschutz künftig genauso stark engagiert, wie an den Küsten.
Während Deichbauten an der Küste mit einem Anteil von 70 % aus Bundesmitteln
finanziert werden, werden im Binnenland nur 60 % beigesteuert. Eine Aufhebung
dieser Ungleichbehandlung wird nicht zuletzt deshalb nötig, weil sich der
Zustand der Deiche im Binnenland durch die jüngsten Hochwasser deutlich verschlechtert
hat. Zugleich ist der Turnus für Sanierungsarbeiten an den Deichen um 10 Jahre
verkürzt worden.
Enge Abstimmung mit allen Beteiligten
Die
Hochwasserschutzkonzeption dient als Maßnahmeplan für die Aktivitäten des
Landes und als Grundlage für Hochwasserschutzpläne der Landkreise. In enger Abstimmung
mit Landkreisen und kreisfreien Städten soll sie Schritt für Schritt umgesetzt
werden. Über die Landkreise sollen auch die örtlichen Gemeinden einbezogen
werden. Verbände werden über die jährlich stattfindenden Deichschauen
ebenfalls beteiligt. Eine wichtige Voraussetzung für seinen Erfolg ist, dass
der Hochwasserschutz flussgebietsbezogen und somit auch über Ländergrenzen
hinweg erfolgt. Große Bedeutung kommt der Abstimmung mit den Nachbarländern
Brandenburg, Sachsen und Thüringen zu. Gemeinsame Arbeitsgruppen mit
Brandenburg und Sachsen wurden inzwischen gegründet. Ergänzend dazu findet
eine länderübergreifende Zusammenarbeit in der Internationalen Kommission
zum Schutz der Elbe (IKSE) und der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser statt.
Zusammenspiel von Einzelmaßnahmen wichtig
Sachsen-Anhalt
hat ca. 100.000 ha natürliche Überschwemmungsgebiete, 65 % sind als
solche ausgewiesen. Zu ihrer Sicherung müssen sie von Bebauung freigehalten
werden. Die flächendeckende Ausweisung von Überschwemmungsgebieten soll bis
2012 erfolgen, damit Kommunen Bebauung und Flächennutzung im Interesse des
Hochwasserschutzes einschränken können. Noch nicht ausgewiesene Überschwemmungsgebiete
liegen vor allem entlang der Flüsse im Harz und in der Altmark.
Nach
den Planungen der Vorgängerregierung war die Errichtung bzw. Sanierung aller Deiche
entsprechend der DIN-Norm bis 2020 geplant. Diese Maßnahmen sollen nun für
alle Deiche in Landesverantwortung im Wesentlichen bis 2010 abgeschlossen
werden. Unter den 1.343 km Deichkilometern erhalten die im
Elbe/Mulde/Elster-Bereich gelegenen Priorität. Bis 2010 sollen hier etwa 97
Mio. Euro aufgewendet werden.
Deichrückverlegungen
sind teuer, ihr Nutzen wird oft überschätzt. Diese Einschätzung hat eine
Studie der Universität Karlsruhe über 17 Deichrückverlegungsprojekte an der
Elbe bestätigt. Dort, wo sie den Hochwasserschutz sinnvoll ergänzen können,
werden entsprechende Vorhaben weiterverfolgt bzw. neu geplant, so z.B. an der Elbebrücke
in Wittenberg oder an der Ohremündung.
Die
Effektivität von Hochwasserrückhaltebecken ist hinlänglich erwiesen.
In den Entstehungsgebieten von Hochwassern bilden sie den entscheidenden
Ansatz zur Regulierung des Wasserstandes. Im Vergleich zu Deichbaumaßnahmen
sind sie kostengünstiger und verbrauchen weniger Naturraum. Geplant sind Rückhaltebecken
in Wippra, Strassberg, Meisdorf und Kalter Graben /Dumme.
Polder
lassen im Unterschied zu Deichrückverlegungen eine gezielte Steuerung zu, mit
dem Ziel den Hochwasserscheitel je nach Bedarf mehr oder minder stark abzusenken.
Ihre Bewährungsprobe haben die Polder entlang der Havel während des
Augusthochwassers 2002 bestanden. Sachsen-Anhalt macht sich daher für eine stärkere
Berücksichtigung von Poldern in den Aktivitäten des IKSE stark. Gemeinsam
mit Sachsen wird eine Studie zur Benennung geeigneter Standorte vorbereitet. Fünf
Standorte in Sachsen-Anhalt, vier davon im Landkreis Wittenberg, werden derzeit
geprüft. Überlegungen zur Nutzung von Tagebaurestlöchern als Polder (Goitzsche)
werden ebenfalls weiterverfolgt.
Wo
sie nicht bereits existieren, sollen Hochwasserschutzstudien erarbeitet
werden; so für Elbe, Mulde, Ilse, Ohre, Holtemme, Wethau, Schwarze Elster und
Uchte.
Im Bereich des Hochwassermeldedienstes
wird das vorhandene Messnetz durch neue Pegel, Niederschlagsmessstationen mit
Fernabfrage und Ultraschalldurchflussmessanlagen verstärkt. Darüber hinaus
wird die Hochwassermeldezentrale im Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW)
technisch erweitert. Durch die Zusammenführung des gewässerkundlichen
Landesdienstes und des Hochwassermeldedienstes beim LHW sowie die
Weiterentwicklung des Hochwasservorhersagesystems soll auch dieser Bereich
effektiviert werden.
Maßnahmen im Bereich Magdeburg
Die
Elbdeiche unterhalb des Landkreises Anhalt-Zerbst befinden sich in einem vergleichsweise
vorteilhaften Zustand. Dennoch sind auch hier bis zum Jahr 2010 Sanierungsleistungen
im Gesamtumfang von 43 Mio. Euro nötig. Im Bereich Magdeburg betrifft dies
den Deich Magdeburg-Pretziener Wehr, der im Zeitraum zwischen 2006 und 2010 für
4,27 Mio. Euro saniert werden soll. Aufgrund ihrer ganzheitlichen Überströmung
faktisch neugebaut werden derzeit die Herrenkrugdeiche (einschließlich Krüger-
und WAB-Deich). Diese Maßnahme soll im Laufe des Jahres abgeschlossen werden
und hat einen Umfang von 1,8 Mio Euro.