Der schwierige Weg zu einem Vergabegesetz

Auf Initiative der CDA hat die CDU auf ihrem Bundesparteitag in Leipzig 2011 gefordert, eine allgemein verbindliche Lohnuntergrenze einzuführen. Die Lohnuntergrenze ist kein Mindestlohn, weil dieses Wort in der CDU verbrannt ist und die CDU aus gutem Grund befürchtet, dass ein politisch festgelegter Mindestlohn im parlamentarischen Verfahren missbrauchsanfällig ist. („Wer bietet mehr?“) Die Politik hat aber einen gangbaren Weg gefunden, der Gefahr politischer Löhne zu entgehen und Arbeitnehmer trotzdem nicht dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage hilflos auszuliefern. Mit der Aufnahme der Zeitarbeitsbranche ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz gibt es gibt es einen ersten branchenübergreifenden Mindestlohn, der von Tarifpartnern, also nicht der Politik, ausgehandelt wurde aber gleichwohl gesetzlich garantiert ist.

 Die CDU/SPD-Koalition in Sachsen-Anhalt will nach der Koalitionsvereinbarung „ein einfaches, klares und handhabbares Vergabegesetz verabschieden“. Ein entsprechender Gesetzentwurf befindet sich derzeit in den Verhandlungen der Landtagsausschüsse. Die Anhörung von Verbänden, Tarifpartnern, Kommunen usw. im Landtag gab ein Bild extrem unterschiedlicher Forderungen an ein solches Gesetz. Aber fast alle waren sich einig, einfach, klar und handhabbar ist dieser Gesetzentwurf noch nicht. Unter anderem verlangen die Kommunen für höhere Aufwendungen bei Vergabe und Prüfung zusätzliche Landesmittel, was aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verweigert werden kann. Es wird auch praktisch nicht zu überprüfen sein, ob sich Nachauftragnehmer an diese Tariftreue halten werden. Ferner gibt es weiterhin Bereiche, die durch gar keinen gültigen Tarifvertrag erfasst werden.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat im Frühjahr 2012 ein Konzept zur Umsetzung des oben erwähnten  Parteitagsbeschlusses vorgelegt. Es sieht unter anderem vor, „eine tarifoffene allgemein verbindliche Lohnuntergrenze“ über eine „Lohnuntergrenzenkommission“ einzuführen. Diese Festsetzung ist dann „Grundlage für eine rechtsverbindliche staatliche Erstreckung im Wege der Rechtsverordnung“. Die FDP weigert sich bisher, dieses Konzept gemeinsam mit der CDU umzusetzen. Was hindert uns aber in Sachsen-Anhalt daran, diesen Mechanismus abzuschauen und dort, wo wir Landeskompetenz haben schon einmal auszuprobieren? Komplizierter als der jetzt unbefriedigende Gesetzentwurf kann es nicht werden.

Es hat übrigens die CDA in Sachsen-Anhalt nicht geschlafen. Im Februar 2012 (vor dem Bekannt werden des Konzeptes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) hat der CDA-Landesvorstand einen Beschluss gefasst, den CDU-Landesvorstand und die CDU-Landtagsfraktion zu bitten, nachstehende Forderung zu unterstützen bzw. in den Landtag einzubringen:

„Der Landtag hält es für notwendig, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert. Die Lohnuntergrenze wird durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt und soll sich an den für allgemein verbindlich erklärten tariflich vereinbarten Lohnuntergrenzen orientieren. Die Landesregierung wird aufgefordert, zusammen mit den Tarifpartnern Einzelheiten des Verfahrens zu erarbeiten und umzusetzen.

Im Zeitraum bis zur Festlegung der oben beschriebenen Lohnuntergrenze oder für den Fall, dass hierüber keine Einigung erzielt werden kann, ist die für dieses Vergabegesetz maßgebliche Lohnuntergrenze die zwischen den für die Zeitarbeit zuständigen Tarifvertragsparteien festgelegte Lohnuntergrenze.“

Getan hat sich bisher leider nichts. Wir doktern an einem Landesvergabegesetz herum, das inzwischen kaum noch jemand haben will. Aber, die parlamentarischen Beratungen sind ja noch nicht abgeschlossen…

 

Jürgen Scharf